Von der Steinzeit ins Internet

Gespräch mit Lutz Jäncke

Literatur ist seit je ein Mittel des Spracherwerbs, des Welterwerbs, des Wissenserwerbs,- und damit auch eines der effizientesten Medien zur Entwicklung der Gehirnstrukturen. Wer liest, stimuliert sein Gehirn und entwickelt es laufend weiter. Mit dem Vormarsch der digitalen Medien zerfallen diese Fähigkeiten. Es gibt bereits Studien, die behaupten, dass der Mensch nicht intelligenter, sondern immer dümmer wird.  

Stimmt das? Und: Es ist ein offenes Geheimnis, dass heute viele Menschen keine Bücher mehr lesen und wenn doch, unfähig sind, die komplexen Strukturen eines Romans zu erfassen und wiederzugeben. Was bedeutet das für die Kulturtechnik des Lesens und vor allem für die Literatur? Was prognostiziert der charismatische Neuropsychologe der Universität Zürich?

Soeben hat er ein neues Buch über das Internetzeitalter geschrieben: wie immer interessant, fundiert, amüsant und an ein breites Publikum gerichtet. Jäncke will wissen, ob die Menge und die ständige Verfügbarkeit aufmerksamkeitsraubender Nachrichten das Gehirn überlastet. Ist es überhaupt fähig, sich der modernen Internetwelt anzupassen? Wie wird es sich in Zukunft entwickeln? Und vor allem: Was heisst das für das Lesen, für das Auswendiglernen und für die Literatur? Ist sie noch eine zeitgemässe Kulturtechnik?

Lutz Jäncke: Von der Steinzeit ins Internet. Der analoge Mensch in der digitalen Welt. Hogrefe, Göttingen 2021

Geboren 1957 in Wuppertal. Er studierte Psychologie, Neurophysiologie und Hirnforschung an der Ruhr-Universität Bochum, an der TU Braunschweig und der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. 1989 Promotion. 1995 Habilitation über das Thema „anatomische und funktionelle Hirnasymmetrien“. Seit 2002 ist er Ordinarius für Neuropsychologie an der Universität Zürich.
Lutz Jäncke hat über 400 Originalarbeiten in wissenschaftlichen Zeitschriften verfasst. Er ist Autor und Herausgeber mehrerer Bücher und Buchkapitel. Zu seinen Büchern zählen unter anderem "Macht Musik schlau?" (2008) und "Ist das Hirn vernünftig" (2015). Seine Arbeiten sind im „Essential Science Indicator“ gelistet. Derzeit gehört er damit zu den 1% der am häufigsten zitierten Wissenschaftler. Lutz Jäncke arbeitet im Bereich der funktionellen Neuroanatomie und hier insbesondere im Bereich der kortikalen Plastizität im Zusammenhang mit dem Lernen. 
Ein besonderer Schwerpunkt gilt der Erforschung der neuronalen Grundlagen der Musikverarbeitung. 2007 erhielt er den „Credit Swiss Teaching Award for Best Teaching“ an der Universität Zürich. 2006 und 2008 erhielt er jeweils die „Goldene Eule der Studentenschaft der ETH Zürich“ für hervorragendes Lehren. 

Sein aktuellstes Buch „Von der Steinzeit ins Internet“ (2021) ist ein fesselndes Buch über die schleichenden Veränderungen des Gehirns. 

Leseempfehlungen zu Lutz Jäncke 
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